Dinge, die ich am Veganismus hasse

Ja ich muss mich auch einfach mal etwas zu dem Thema auskotzen. Warum „muss“? Weil es manchmal helfen kann, seiner Wut oder Hilflosigkeit Ausdruck zu verleihen, wenn es darum geht, als Veganer bestimmte Situationen oder Gesprächspartner zu meistern. Es hilft einem dabei, das nächste Mal gelassener zu bleiben, statt psalmartig Flüche in sich hinein zu murmeln. Es soll mir hier aber nicht um Punkte gehen, wie das bedrückende Gefühl, die Kellnerin fragen zu müssen, ob dies oder jenes Gericht vegan ist. Oder die Problematik, bei anderen zum Essen geladen zu sein und das eigene Verhalten so zu kontrollieren, dass andere nicht direkt auf deinen Veganismus schließen können. Nein, es geht mir einfach nur um Kommentare, auf die ich einfach nur absolut keinen Bock mehr habe. Klingt nicht nett, aber es nervt, ja es nervt einfach.


  1. Sollen deine Kinder irgendwann auch so essen wie du, oder essen die dann normal?

    An solchen Sätzen regen mich mehrere Punkte ungemein auf. Fangen wir an bei dem Wort „normal“. Normal bedeutet laut Begriffserklärung im Duden nichts anderes, als das etwas so geartet oder beschaffen ist, wie es sich die allgemeine Meinung als das Übliche oder Richtige vorstellt. Es ist also keine goldene Regel, kein fest geschriebenes Gesetz, nichts was eine Abweichung davon als krank darstellen lassen sollte und erst recht keine Verurteilung rechtfertigt. Nur weil eine Masse an Menschen der Meinung ist, es sei „normal“ Fleisch zu essen, muss das lange nicht normal sein. Genauso hätten die Leute früher es als normal empfunden, Hexen auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen und andere Menschen nur wegen ihrer Hautfarbe als Sklaven zu halten. Ich glaube, wenn ich jetzt im Garten ein Feuer anzünde und meine Nachbarin, mit der Argumentation, sie sei eine Hexe, weil ihr Blumen prächtiger wachsen als meine, dort verbrennen möchte, wird das – nett formuliert – nicht als ganz normal wahrgenommen.
    Die Menschen unterliegen einem Gewohnheitsfaktor und empfinden gewisse Dinge dadurch als normaler als andere. Was aber normal im Sinne von für den Menschen natürlich wäre, ist eine andere Geschichte. Laktoseintoleranz beispielsweise ist keine Krankheit und auch kein Defizit, sondern von der Natur mitgegeben, da der Mensch nur als Kleinkind Laktase bildet, um die Laktose in der Muttermilch verwerten zu können.
    Dazu kommt noch eine gewisse Abstumpfung der Leute gegenüber gewisse Vorgänge. Das fängt schon damit an, wenn auf dem Land der ungewollte Nachwuchs der Katze einfach ertrunken oder mit einem Stein erschlagen wird. Während ich stets meine Eltern anbettelte, doch die Katzen bei uns aufzunehmen, was natürlich bei der Menge der jährlichen Würfe undenkbar gewesen wäre, war es für die Kinder der Katzenbesitzer Normalität, dass die Kätzchen „entsorgt“ werden müssen.

    Aber kommen wir zurück zum eigentlichen Kern der Frage. Die Erziehung eines Kindes, das es so nicht gibt und nicht einmal geplant ist. Egal, lasse ich mich auf das Gedankenspiel ein. Ich bin Mutter, ich liebe mein Kind, ich will nur sein Bestes. Die gesündeste Ernährung ist in meinen Augen Veganismus, am besten sogar auf Rohkostbasis. Also würde ich es natürlich auch dementsprechend ernähren und im Hinblick auf Mangelerscheinungen, die, unabhängig der Ernährungsweise, ein Thema sein können, den regelmäßigen Arztbesuch ernst nehmen. Viele meinen, das würde die Entscheidungsfreiheit des Kindes einschränken. Dazu las ich in einem Interview die Antwort der Mutter einer vegan lebenden Familie, die darauf nur entgegnete, dass sie sogar so elitär wäre, ihrem Kind Manieren, Anstand, Höflichkeit zu lehren und es nach rechts und links blicken zu lassen, bevor es die Straße überquert. Natürlich geben Eltern ihren Kindern bestimmte Wertevorstellungen mit auf den Weg. Das ist etwas Gutes, denn das liefert den Grundbaustein eines mündigen und verantwortungsbewussten Menschen.

  2. Dein Ehemann tut mir leid.

    Das sind Sätze, bei denen ich mich frage, was manche Menschen unter einer Ehe verstehen. Bedeutet Ehe in einer Einheitsmasse zu verschwinden und hörig der Meinung des anderen lauschen zu müssen, da dies nun auch die eigene Meinung ist? Werden Abweichungen davon direkt mit dem Holzlöffel abgestraft? Also ich weiß tatsächlich nicht, wie es im privaten bei anderen Ehepaaren zugeht, aber bei uns gilt immer noch das Recht, ein unabhängiges Individuum zu sein. Glaubt mir, wäre dem nicht so, wäre das Mufflon schon längst nichtrauchender Veganer. Aber so funktioniert das nicht und würde es so funktionieren, würde es mich langweilen.
    Ich weiß noch, wie der Standesbeamte zur Vermählung meinte, dass Unterschiede Streitpotenzial bieten, sie aber auch den Alltag spannend machen und wir gegenseitig neue Sichtweisen dadurch lernen können. Wir haben beide schon vieles voneinander lernen können, was auch im Alltag nicht unbemerkt bleibt. Das schönste Beispiel ist, dass gerade anfangs, beim gemeinsamen Einkauf, oft noch Eier und Milch gekauft wurden. Nach einiger Zeit und vor allem nach vielen fehlgeschlagen Kochexperimenten meinerseits, wurden meine Kochfähigkeiten zunehmend besser und Thomas dementsprechend zufriedener. Er wird gemerkt haben, dass es auch ohne Milch und Ei super funktioniert, denn mit der Zeit landeten diese Artikel nicht mehr im Einkaufswagen. Das ist für mich sehr wertvoll. Beim gemeinsamen Einkauf landen kaum bis keine tierischen Produkte mehr in unserem Wagen. Nicht, weil ich in meiner herrischen Art irgendjemanden unterdrücken oder meine Meinung aufzwängen würde, sondern, weil ich mit meiner Kochkunst Alternativen und mit meinen Informationen Aufklärung schaffen konnte.

  3. Warst du krank? Tja hättest mal lieber ein fettes Schnitzel gegessen.

    Hmpf.... ernsthaft? Weil Fleischesser nie krank werden? Wäre angesichts der Menge an Antibiotika im Fleisch tatsächlich kein Wunder.

  4. Mh... Fleisch

    Ich glaube DAS Problem kennen die meisten Veganer. Man wird als verrückter Hippie dargestellt, auf Basis von – nein nein, keine Argumente sondern – Fleisch ist doch lecker. Für mich ist das meistens der Punkt, an dem ich weiß, dass ich mir jede Form von Aufklärung schenken kann und wenn ich das Gespräch bis dahin ernst genommen habe, korrigiere ich das spätestens jetzt ganz schnell. Denn jeder Veganer weiß: Ab dem Punkt kommt einfach nur noch Unsinn und wer in der Lage ist, sich seines Verstandes eigenmächtig zu bedienen, erntet hier nur Kopfschmerzen, wenn er das Gespräch ernsthaft weiter führt.

  5. Das schmeckt ja sogar

    Neeein, wirklich? Essen, dass nicht mit tierischen Inhaltsstoffen zubereitet wurde, kann schmecken? Immer wieder passiert es mir, dass ich, auch um meine eigene Nahrungsbeschaffung von vornherein abgesichert zu wissen, bei Einladungen als Gast gerne etwas selbst Gekochtes oder Gebackenes mitbringe. Immer wieder ist die Verwunderung enorm, dass dies dann sogar schmeckt, als sei kochen oder auch backen ohne tierische Produkte ein Hexenwerk. So sehr es mir und meinen Künsten schmeicheln würde und geachtet der Gefahr, selbst auf dem vorhin erwähnten Scheiterhaufen landen zu können – nein, ist es nicht.
    Das ist aber noch die humane Option. Es gibt tatsächlich Menschen, die meinen, von vornherein nicht kosten zu können, da es ja vegan ist. Natürlich wissen die Menschen in meinem engen Umfeld Bescheid und können nicht wissen, dass es mir unangenehm ist, ständig auf meine Essgewohnheiten angesprochen zu werden. Schon durch den Versuch, auch mich als Gast korrekt zu bewirten, kommt es zwangsweise immer wieder zu dem Thema. Ansonsten würde ich es von mir aus nicht anschneiden und alles wäre super. Denn ein Gericht kann tatsächlich anders schmecken, nur weil man erfahren hat, dass es vegan ist. Wie dem auch sei, ich frage mich dann oft, ob diese Leute denn nie eine Tomate oder einen Apfel essen. Das würde ich – wo wir es vorhin erst von der Norm hatten – als normal empfinden, ab und zu in ein Stück Obst zu beißen. Mal darüber nachgedacht, dass so eine Birne auch recht vegan ist? Oh je... was die Natur sich dabei gedacht hat, nichts außer Fruchtfleisch.

    Das führt mich direkt zu...

  6. Naja wir essen sowas sonst eben nicht

    Ich habe durch meinen Veganismus eine dermaßen breite Palette an neuen Gerichten und Lebensmitteln für mich entdeckt, dass ich es mittlerweile furchtbar langweilig fände, mir zum Beispiel ständig Wurst oder Käse aufs Brot zu schmieren. Aber was der Bauer nicht kennt... :)

  7. Was kannst du denn dann überhaupt noch essen?

    Tja also meistens esse ich Gras mit Gänseblümchensalat und wenn ich es etwas deftiger mag, ein Stück Baumrinde mit gebratenen Kastanien. Ich finde es erschreckend, wie viele Menschen sich tatsächlich nicht in der Lage sehen, nur einmal vegan zu kochen. In den Kartoffelsalat muss Speck, in die Spinatsauce Schinken, selbst diese widerliche Sahne wird ständig an irgendeine Form von ansonsten genießbaren Essen geklatscht. Der Salat geht nicht ohne Joghurtdressing und überhaupt hat man ja nur noch Beilagen, lässt man das Fleisch weg.
    Es ist aber kaum verwunderlich, sieht man sich die Etiketten der Produkte im Supermarkt genau an. In den unmöglichsten Produkten sind noch in irgendeiner Form tierische Bestandteile untergebracht. Vor allem das Wort "Milchpulver" bzw. "Eieiweiß", hab ich gefressen. Du liest die Zutatenliste, drückst schon beim Zucker ein Auge zu, bist guter Dinge, denn du näherst dich dem Ende, steht da plötzlich "Milchpulver". Warum?
    Dann doch lieber Gänseblümchen: Die sind im Salat wirklich sehr lecker und empfehlenswert.
Schon Klopfer stellte fest, dass wenn man nichts Nettes zu sagen hat, man einfach mal garnichts sagen könnte. Das würde ich gerne ausweiten auf „nichts Sinnvolles zu sagen hat“. Nicht falsch verstehen, ich tausche mich gerne aus und führe sinnvolle Diskussionen. Aber manchmal will ich einfach nur essen, ohne sinnlose Kommentare von der Seite zu hören, die ich so oder in ähnlicher Form ohnehin schon dutzend Mal gehört habe.
Genauso ist es übrigens mit den Veganerwitzen. Veganer sind nicht etwa pauschal humorlose Menschen, wir haben die Witze nur schon eine zillionen Mal gehört und witziger werden sie dadurch eben auch nicht.
Zum Abschluss ein Zitat von Hagen Rether, das vielleicht doch etwas zum Nachdenken anregt:

"'Ja Herr Rether, wenn's kein Fleisch mehr gibt, dann ess ich halt Veganer'. Der Witz funktioniert eine Sekunde und danach wird's bitter. Was hinterlassen wir unseren Kindern in 30-40 Jahren? Hier habt ihr nen Wüstenplanet und einen lustigen Veganerwitz, guckt was ihr draus macht - ihr Arschgeigen."